
Ich hatte keine Vorahnung, bevor ich mich entschieden habe nach Valbona zu fahren, um eine Wanderung durch die albanischen Alpen zu machen. Ich wusste nur, dass es anstrengend wird und eine lange Anreise benötigt.
Das Valbona Tal liegt im nordöstlichen Teil Albaniens und verläuft an den Grenzen zu Kosovo und Montenegro. Es ist bekannt für seine beeindruckende Natur mit hohen Gipfeln, grünen Wiesen und glasklaren Flüssen. Allein der Aufenthalt in der Natur ohne Wanderung ist für viele eine Erfüllung. Ich konnte aber nicht anders und wollte unbedingt den Valbona Pass nach Theth überqueren. Die Strecke ist übrigens Teil des Wanderwegs “Peaks of the Balkans”.
Trotz des Monats Juni dachte ich mir, dass es in den Bergen rund um Valbona kühl wird. Pro 1.000 Meter, sieben Grad Celsius weniger, hatte ich mal gehört. Valbona lag auf 932 Metern. Ich hatte eine dünne Wanderhose und eine Windjacke dabei. Dies war aber ausreichend, so kalt wurde es dann doch nicht.
Die lange Anreise ins Valbona Tal

Um nach Valbona zu reisen, musste ich einen langen Weg auf mich nehmen. Glücklicherweise gibt es Unternehmen wie Berisha, die den Transport von A nach B zum vernünftigen Preis anbieten. Am Vorabend habe ich in Shkoder übernachtet, was ein idealer Ausgangspunkt für die Fahrt in die Berge ist.
Pünktlich um 6 Uhr morgens wurde ich von einem Minibus abgeholt und in Richtung Koman gefahren. Nach zwei Stunden Rütteln und Schütteln über die schlimmsten Straßen, die man sich vorstellen kann, kamen wir endlich an der Anlegestelle der Fähre an.
Dann ging es drei Stunden lang mit der Fähre vorbei an schroffen Steilwänden über den wirklich atemberaubenden Koman See. Der See selbst erstreckt sich über 34 Kilometer Länge und ist bis zu 96 Meter tief. Dennoch kommt es im Sommer oftmals vor, dass der Wasserstand ziemlich niedrig ist. Anfang Juni 2022 klappte die Überfahrt mit der Fähre über den Stausee reibungslos.
Endlich in Fierza angekommen, dauerte die Fahrt mit dem Minivan bis nach Valbona noch mal eine Stunde. Die Landschaften wurden von Kilometer zu Kilometer spektakulärer. Hinter jeder Kurve ragten neue Felsen und Berghänge in den Himmel. Wie in Österreich oder in der Schweiz dachte ich mir. Nach einer kurvenreichen guten Stunde kam ich dann endlich an meinem Guesthouse an.
Deutschsprechende Albaner in meinem Gästehaus Valbona

Ich staunte nicht schlecht, als mich zwei junge Deutsch sprechende albanische Brüder in Valbona begrüßten. Sie betreiben ihr Guesthouse wohl nur im Sommer, im Winter arbeiten sie in Deutschland.
Macht Sinn, im Winter ist das Valbona Tal auch viel zu kalt, zum wandern gehen. Zumal die Pensionen sicherlich keine gute Isolation oder Heizung haben. Nachdem ich mein Gepäck abgestellt hatte, machte ich mich auf den Weg, die Umgebung zu erkunden.

In Valbona gibt es wirklich nichts, außer Flora und Fauna. Ein paar Straßenhunde und herumlaufende Kühe prägen den Nationalpark Valbona. Wer hier einen großen Supermarkt erwartet, hat Pech gehabt.
Einen einzigen Mini Stand konnte ich während meines Aufenthalts dann doch entdecken. Dort gab es nur Grundnahrungsmittel und etwas Schokolade. Bier und Schnaps konnte man natürlich auch kaufen, ist ja schließlich wichtig in Albanien. Zum Glück hatte ich mich schon am Tag davor in Shkodra mit genügend Proviant und Wasser eingedeckt.
Neben einer alten Mühle und einem Rinnsal, den man als See bezeichnete, konnte ich nicht viel finden. Die atemberaubende Landschaft ist ideal für Naturliebhaber und um eine Auszeit zu nehmen. Ich konnte auch einige Reisende mit Wohnmobilen sichten.

Während meines Spaziergangs bin ich zudem auf mehrere Bunker gestoßen, die Enver Hoxha während des Regimes hat bauen lassen. Zudem hatte man angefangen, ein großes neues Hotel zu konstruieren. Während der Covid-Pandemie ist der Bau wohl zum Erliegen gekommen. Hoffen wir mal, dass die Gegend mittlerweile wieder besser besucht ist.
Ansonsten gab es überall nur einfache Gästehäuser und Unterkünfte in Form von kleinen Holzhäusern, Hütten und Bungalows. Ich bin sowieso der Meinung, dass man diese beeindruckende Natur nicht mit großen Bauten verschandeln sollte. Aber klar: Wo Nachfrage ist, kann man ein Geschäft machen.


Nach einem einfachen aber leckeren Abendessen bin ich recht früh ins Bett gegangen. Schließlich wollte ich am nächsten Tag fit sein. Für eine zarte Hühnerbrust, Pommes und reichhaltig Brot haben die Jungs mir inmitten der Berge nur sechs Euro berechnet.

Wanderung von Valbona ins Theth Tal

Der Tag der Tage. Die Wanderung ins Theth Tal soll es in sich haben. Laut meinen Recherchen benötigen die meisten Wanderer zwischen sechs und neun Stunden für die 17 Kilometer von Valbona einschließlich Gipfel Überquerung.
Nach einem kräftigen Frühstück mit Spiegelei, Wurst und Brot mit Streichkäse machte ich mich gegen 8 Uhr auf den Weg. Der Weg führte die ersten zwei Kilometer über eine asphaltierte Straße.
Auf meiner Strecke lief ich vorbei an Pferden, Pensionen und vielen Holzzäunen. Immer am Wegesrand dabei: Ein Straßenhund, den ich auf den Namen Wolfgang getauft habe.
Nach etwa zwei Kilometern Fußmarsch auf flacher Ebene überquerte ich den ausgetrockneten Fluss Valbona. In der Ferne sah ich nur die hohen Gipfel herausragen, denen ich mit viel Respekt entgegen trat.


Bald war es soweit. Die asphaltierte Straße endete. Auf der rechten Seite passiert man das Hotel Fusha e Gjesë Rragam, welches über einige Wasserquellen verfügt. Dann geht es über einen breiten Schotterweg inmitten des Flussbettes in voller Sonne.

Nach und nach steigt der Weg an und wird schmaler, glücklicherweise mit etwas mehr Schatten. Die rot-weißen Markierungen immer im Auge läuft man bald an kleinen Holzhäusern und Gärten vorbei.
Unglaublich, dass dort Leute wohnen. Ich frage mich, ob sie auch den Winter bei der strengen klimatischen Bedingungen in den albanischen Alpen verbringen? Über weite Wege hinweg begleitete mich immer noch Wolfgang, mein neuer Hundefreund.


Vorbei an Simoni Kafe
Nach etwa zwei Stunden Marsch passierte ich das Simoni Kafe. Dort servierte man nicht nur Wasser und Kaffee, sondern auch Schnaps und Bier. Ich wollte jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht anhalten und die Strecke absolvieren. Außerdem waren meine inneren Batterien noch reichlich mit Energie gefüllt.
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Außerhalb des Simoni Kafes ist außerdem eine Wasserquelle, die wohl vom Gipfel herunterläuft. Etwas Wasser ins Gesicht und in den Nacken und weiter gehts.

Etwa 30 Minuten später war ich dem Gipfel bereits sehr nahe. Der Schnee auf den Fotos lässt die Landschaft kälter erscheinen als sie war. Von Felsformationen geschützt, konnte die Sonne den Schnee nicht zum Schmelzen bringen. Mein Hundefreund Wolfgang freute sich zu diesem Augenblick, dass er sich etwas im Schnee abkühlen konnte.
Wenige Augenblicke später war ich auch schon auf dem 1813 Meter hohen Valbona-Pass. Von oben erschien der Weg so weit weg und vor allem so klein. Die umliegenden Gipfel waren teilweise noch mit Schnee bedeckt und das im Juni. Einen Monat später war er bestimmt geschmolzen, vermutete ich.


Am Gipfel war es etwas windig. So gönnte ich mir lediglich ein paar Snacks und etwas Wasser. Übrigens ist der Weg zum Gipfel ein kleiner Umweg von etwa 15 Minuten. Außerdem war der Aufstieg zum Aussichtspunkt etwas rutschig – Vorsichtig! Dennoch hat sich der Blick in die beiden Täler vollkommen gelohnt.
Der Abstieg Richtung Theth

Der Abstieg Richtung Theth Tal war halb so wild, zieht sich aber lange. Leider habe ich meinen Hundefreund bei der Gipfelbesteigung verloren. Dabei wollte ich ihm nach Ankunft eine extra große Wurst kaufen. Schade!
Bei immer noch spektakulärer Aussicht kam ich meinem Ziel mit jedem Schritt näher. Über lange Zeit hinweg haben die umliegenden Bäume etwas Schatten gespendet. Mittlerweile war es fast Mittagszeit und die Sonne brannte. Eine Stunde später kam ich an einem Holzhaus vorbei.


Dort gab es reichlich zu essen und zu trinken. Es roch nach gutem Grillfleisch. Dem Ziel so nahe, habe ich keine weitere Pause eingelegt. Vorbei an Wiesen, Pferden und anderen Wanderern war Theth nun schon zum Greifen nahe. Über Schotter und Geröll ging es weiter zügig nach unten.
Nach etwa fünfeinhalb Stunden kam ich nassgeschwitzt in Theth an. Die schneebedeckten Gipfel noch im Hintergrund, gönnte ich mir ein kühles Tirana-Bier im Biergarten am Ziel. Zu meiner Freunde gab es sogar einen kleinen Supermarkt.
Zwar ist Theth auch nicht größer als Valbona, aber durch die neue Straße wohl besser angebunden. Daher wohl das bessere Angebot. Viele Wanderer starten in Theth und enden im Valbona Tal. Vermutlich kaufen sie ihr Proviant im besagten Supermarkt ein.
Meine kleine Runde durch Theth
Nachdem ich zwei eiskalte Tirana-Bier getrunken und meinen Rücktransport nach Shkoder zwischenzeitlich organisiert hatte, wollte ich noch Theth erkunden. Schließlich hatte ich noch knapp drei Stunden bis zur Rückfahrt.
Ich hatte keine Erwartung an Theth. “Ein abgelegenes Bergdorf, da wird es nicht viel geben” – So meine Gedanken. So war es dann im Endeffekt auch. Allerdings war die Landschaft erstaunlich schön.


Neben einigen Holzhäusern und Pensionen habe ich auch eine Kirche entdeckt. Zu meiner Überraschung stand direkt davor ein Schild in drei Sprachen. Auf Deutsch lautete es: Frieden auf Erden! Wenn sich nur manche Leute dieses Motto zu Herzen nehmen würden, in Zeiten von Krieg. Die Kirche selbst war leider geschlossen.


Wer viel Zeit mitbringt, kann es sich in Theth genauso gemütlich machen wie in Valbona. Ruhe, Erholung, frische Bergluft und eiskaltes Bier – was will man(n) mehr?
Die atem(be)raubende Rückfahrt nach Shkodra
Nach meiner Ankunft in Theth hörte ich mich um, ob es am gleichen Nachmittag noch einen Minibus nach Shkoder geben würde. Tatsächlich stieß ich auf einen älteren Mann, der um 16 Uhr mittags nach Shkodra fahren würde.
Es stellte sich heraus, dass es sich um keinen offiziellen Fahrdienst, sondern um einen privaten Fahrer handelte. Mit seiner Tochter im Schlepptau ging es ungefähr pünktlich zur ausgemachten Uhrzeit los. Glücklicherweise konnte sie etwas Englisch.
Die ersten Kilometer ging es steil bergauf über eine neue Straße. Dabei hatte ich stets einen einzigartigen Blick auf das Theth Tal. Auf der Fahrt nach unten hat es mir dann mehrmals den Magen umgedreht.
Ich bin ja einiges aus Reisen nach Indien, Pakistan und Iran gewöhnt, aber dieser alte albanische Herr war mir dann doch etwas zu viel des Guten. Er missbrauchte seinen alten Bus als Formel 1 Wagen.

Er schoss wortwörtlich mit einem Wahnsinns-Karacho über die Serpentinen nach unten, dass mir ganz bange wurde. In der Regel habe ich keine Angst vor solchen Fahrten, aber dies knabberte schon an meinem Limit.
Zumal ging es vorbei an kaputten oder heruntergefallenen Leitplanken. Eine falsche Bewegung und wir wären mit dem Minivan in den Abgrund gestürzt.
Zum Glück kam es nicht dazu und nach unzähligen Kurven kamen wir in weniger als zwei Stunden in Shkodra an. Rekordzeit!! Je nach Uhrzeit, gibt es von Shkoder aus noch Busse die nach Tirana weiterfahren.
Kurz vor Ankunft hielten wir noch an einer Tankstelle. Wirklich interessant zu sehen, dass man in Albanien alte deutsche Zapfsäulen einsetzt. Zudem haben sie noch “DM” für Deutsche Mark aufgedruckt.

Der Benzinpreis lag im Juni 2022 bei etwa 240 Lek, was damals zwei Euro pro Liter waren. Für die Fahrt hat er mir 1200 LEK berechnet, was im Juni 2022 genau zehn Euro waren. So viel hätte der “offizielle” Minivan auch gekostet, aber anscheinend fährt er nur früh am Morgen.
Von Valbona nach Theth oder umgekehrt?
Die Strecke lässt sich in beide Richtungen absolvieren, es ist egal wo du startest. Nach meinen Recherchen zufolge habe ich herausgefunden, dass die meisten Hiker von Theth aus starten. Genau dies wollte ich vermeiden, weshalb ich die längere Anfahrtsroute gewählt habe.
Klar, von Shkodra erreicht man Theth in nur etwa zwei Stunden. Theoretisch könnte man die Wanderstrecke noch am gleichen Tag starten. Dann würde man am gleichen Tag in Valbona übernachten und am nächsten Tag zurück nach Fierza über den Koman See fahren. Ich empfand die Route nach Theth als sehr spannend und nicht überlaufen und würde dies bei einem zweiten Besuch erneut so wählen.
Bei meinem Abstieg vom Gipfel ins Theth-Tal kamen mir am späten Vormittag schon einige Wanderer entgegen. Beim Anstieg von Valbona aus bin ich lediglich auf zwei weitere Personen gestoßen.
In Theth und Umgebung gibt es weitere Möglichkeiten für kürzere Tagestouren. Klar, nach der längeren Gipfelüberquerung hat nicht jeder Lust darauf. Deswegen sollte jeder selbst entscheiden, welche Richtung er wählt.
Abkühlung im Syri i Kaltër

Etwa elf Kilometer südwestlich von Theth befindet sich das weniger bekannte Syri i Kaltër, das blaue Auge Albaniens mit einem Mini Wasserfall. Neben dem Syri i Kaltër in Saranda, ist dies eine weitere Naturquelle. Nach der anstrengenden Wanderung ist dies ein herrlicher Platz um seine Füße abzukühlen. Da die Wassertemperatur nur etwa fünf Grad Celsius beträgt, ist es nicht zum Schwimmen geeignet.
Wer genügend Zeit und Lust hat, bleibt über Nacht in Theth und startet am nächsten Tag zum Syri i Kaltër. Für die Strecke zum Dorf Nderlys benötigt man etwa zwei bis drei Stunden. Bis zur Quelle selbst ist es dann ein weiterer 30-minütiger Fußmarsch. Der Eintritt ist übrigens frei.
Häufig gestellte Fragen rund um Valbona
Wann ist die beste Reisezeit für eine Wanderung in den albanischen Alpen?
Ich empfehle diese Wanderung in den wärmeren Monaten von Mitte Mai bis etwa September. Ich kann mir vorstellen, dass es Ende September schon kälter und unbeständiger wird.
Was sollte ich auf die Wanderung mitbringen?
Neben reichlich Wasser, empfehle ich dir ebenfalls Sonnencreme, Snacks und Bargeld. Geldautomaten gibt es keine in den Bergen. In Valbona gibt es nur einen Ministand mit Lebensmitteln. Sorge außerdem für passende Kleidung. Besser etwas zu warm als zu kalt. Gutes Schuhwerk ist außerdem Pflicht.
Wie schwer ist die Wanderstrecke von Valbona nach Theth?
Ich würde die Wanderung als mittelmäßig schwer einstufen. 17 Kilometer sind zwar nicht wenig, allerdings verläuft die Steigung „nur“ auf 1813 Meter, was etwa 900 Meter Höhenunterschied bedeutet. Ungeübte schaffen es in sieben bis neun Stunden. Wer besonders schnell ist, benötigt nur fünf bis sechs Stunden für die Passüberquerung.
Mein Fazit: Valbona nach Theth in Albanien
Die lange Anfahrt nach Valbona hat sich definitiv gelohnt. Für mich war bereits die die Fahrt mit der Fähre über den schönen Koman See eine Bereicherung. Die Wanderung selbst war dann das i-Tüpfelchen des Ausflugs.
Jeder, der etwas abenteuerlustig ist, wird diesen Marsch lieben. Am besten organisiert man sich einige Tage im Voraus, damit alles reibungslos abläuft.
Zumal erlebt man in den Bergen das wahre, noch unverschrobene Albanien. Hilfsbereite Menschen findet man überall in Albanien, aber in den Bergen verspürt man dies nochmal in ausgeprägterer Form. Selbst wer keine Lust auf Wandern hat, kann hier ein Picknick auf der Wiese genießen oder einfach nur entspannen.
Wie ist Dein Eindruck der Wanderung durch die albanischen Alpen? Würdest Du auch dort wandern? Lass mir gerne einen Kommentar dar!
3 Gedanken zu „Valbona Albanien: Wanderung in den Alpen“